Canta la Calle

 

 

Theresia Bothe in Guatemala

mit dem Chor "Canta la Calle"

der "Bewegung der Strassenjugend"

Dezember, 2011.


Einführung zur CD


CANTA LA CALLE

Die Strasse singt


Eine Prodiktion mit der Bewegung der Strassenjugend

in Guatemala City

Mojoca

Movimiento de Jóvenes de la Calle

 

 

Guatemala, Dezember 2011

Von: Theresia Bothe

 

Viele unterschiedliche Menschen haben diese CD dank ihrer Zusammenarbeit ermöglicht. Sie leben sogar in verschiedenen Teilen der Welt wie Guatemala, Italien, Schweiz, Belgien, Mexiko oder Frankreich und bilden so ein Netzwerk. Etwas haben wir alle gemeinsam: Wir glauben an Veränderungen und an die Notwendigkeit zusammen zu arbeiten, wir glauben an den inneren Wert der Kunst und speziell der Musik um diese Verbindung herzustellen, ungeachtet dessen, wer und wo wir sind.

 

Es gibt einen Hunger nach Veränderung und Aufrichtigkeit, nicht nur auf lokaler Ebene sondern weltweit. Was wir vom Leben aufder Strasse lernen können, ist äusserst wertvoll, weil sie ein offener Raum ist, der allen gehört, ein Platz der Begegnung und des Austauschs. Es ist eine wichtige Aufgabe, die Strasse wieder zu einem gemeinsamen Raum zu machen. Dazu gehört, uns zu erlauben, Zeit zu haben, Zeit zu "verlieren" und Kultur zu schaffen. Die Werte der Menschen, die auf der Strasse leben, entsprechen nicht den sozialen Normen, die wir kennen, weil sie am Rande unserer Gesellschaft leben. Es ist klar, dass sie viel zu lernen haben (sie haben u. a. viel Gewalt erlitten und reagieren mit Gewalt), andererseits haben sie uns voraus, dass sie tiefen Respekt für Freundschaft und Treue besitzen und die unvergleichliche Fähigkeit im Moment zu leben. Das können wir von ihnen lernen.

 

Ursprung des ProjektsCanta la Calle

 

Der Ursprung des Projekts "Canta la Calle" liegt im Wunsch von Gérard Lutte - dem Begründer von Mojoca, einer organisierten Gruppe von Strassenkindern und Jugendlichen, die sich gegenseitig unterstützen. http://www.amistrada.netIch traf Gérard Lutte in Sardinien an einer Konferenz über extreme Armut, und er bat mich, nach Guatemala City zu kommen und Musik in die Bewegung Mojoca zu bringen.

Ich hatte bereits mehrere Jahre daran gearbeitet, die Arbeit von Organisationen, die an der Verbesserung unserer Gesellschaft arbeiten, mit Musik zu verbinden. Ich habe an Konferenzen oder Benefizkonzerten gesungen - aber was sich aus meinem Besuch in Guatemala und meiner Arbeit mit Mojoca entwickelte, war etwas Neues. Die Begegnung mit den Kindern und das Singen mit den jungen Leuten der Strasse weckten in mir den Wunsch, Lieder zu komponieren, die ausdrücken, was sie leben, was sie fühlen. Ich möchte ihnen eine Stimme geben. Dieses Liederalbum ist das konkrete Resultat.

 

Kurze Geschichtedes Chors Canta la Calle

 

Um das Projekt beginnen und zum ersten Mal nach Guatemala reisen können, organisierte ich - zusammen mit einigen Partnerinnen und Partnern - Konzerte in Europa. Die Konzerte waren gratis. In jedem erklärte ich die Idee der Arbeit, die es zu tun gab und bat um Spenden. Es war ausschliesslich dank dieser Spenden, dass die Grundausgaben für die Gründung des Chors Canta la Calle bezahlt wurden. Es erlaubte uns auch, Salvador Ovalle, einen flexiblen und engagierten guatemaltekischen Musiker, anzustellen, der die Arbeit weiterzuführt, mit den Kindern zweimal in der Woche zu singen.

 

Unterdessen fühlte sich Michelangelo Rinaldi, ein italienischer Pianist und Oboist in der Schweiz, dazu inspiriert und bewegt, an diesem Projekt teilzunehmen. Er organisiert weiter Konzerte, um Spenden zu sammeln, damit dieses Projekts weitergeführt und gesichert werden kann. In den Konzerten, die in Basel stattfinden, tragen alle etwas bei: Die MusikerInnen spielen gratis, der Raum wird auch unentgeltlich zur Verfügung gestellt, und die BesucherInnen geben ihren finanziellen Beitrag zu unserem musikalischen Projekt. Alle Leute werden jeweils über die Arbeit informiert, die wir mit Canta la Calle und den jungen Leuten verrichten, die auf der Strasse landeten und ihr Leben verändern möchten.

 

Die Lieder auf der CD

 

"Fe de edad" (Geburts-Bestätigung) war das erste Lied, das ich für die Kinder und Jugendlichen schrieb. Es ist ein Lied, in dem sie um ihre soziale Identität bitten. Die meisten der Kinder wurden nie registriert und haben überhaupt keinen Ausweis. In vielen Fällen kennen sie ihre Eltern gar nicht oder haben keine Beziehung mehr zu ihnen. Es ist für sie schwierig, sich mit diesem Thema zu befassen. Ihre Reaktion auf dieses Lied war sehr berührend. Bei unserer ersten Aufführung weinten die meisten, weil es von ihrer schmerzhaften Realität spricht. Als ich diesmal in Guatemala ankam und zum Haus von Mojoca ging, kam ein Junge, den ich nie vorher gesehen hatte, aber der wusste, dass ich „Fe de edad“ für sie geschrieben hatte, zu mir, sang mir das Lied mit grossem Gefühl vor und sagte mir: "Dies ist mein Lied!". Die meisten Lieder sind aus dem Gesichtspunkt der StrassenbewohnerInnen geschrieben, sie sprechen von ihren Schwierigkeiten, aber auch von der Schönheit und Freiheit, die sie kennenlernen und erleben.

 

"Canta la Calle" ist die erste CD*, die nach den Idealen von "Music of Chance for Change" (M-CC), - Musik als Chance für Veränderungen - entstanden ist. M-CC ist ein Verein, der 2003 in Basel gegründet wurde, um mit Musik eine Botschaft zu vermitteln, eine bestimmte Atmosphäre zu kreieren, einen Ausdruck für Kummer und Freude zu schaffen. Musik kann zum roten Faden werden, der die einzelnen Menschen, denen Veränderungen für das Gelingen einer humaneren und gerechteren Welt am Herzen liegen, verbindet.

 

 

*"We're all on the Road" (Wir sind alle unterwegs auf der Strasse) ist eine CD mit einer Sammlung von Liedern, die hauptsächlich über Menschenhandel sprechen. Diese Produktion wird im Frühjahr 2012 in Italien herausgegeben.